Die vorösterliche Zeit bringt dieses Jahr warme Frühlingstage bis in den Karfreitag. Der Karsamstag dagegen ist ein teils sonniger, aber von richtig kaltem Wind geprägter Tag. Dennoch ein Tag voller Energie und letztlich doch noch Wärme. Richtig gut beginnt er am Vormittag. Denn da treffen sich Jungs und Mädels aus mindestens zwei Nationen und in fast jedem Alter beim SV Günding zum Fußballspielen. Die Jugendabteilung hat das nun für die kommenden Samstage bis Anfang Juli so eingeführt. Fast zwei Stunden läuft der Ball durch die Reihen, die Flügel sind besetzt von jungen Laufwundern, die jedem Ball nachjagen und kein Dribbling scheuen. Doppelpässe ebnen den Weg zu manchem Tor. Und es ist nahezu egal, dass ‚Pass‘ das einige Wort ist, das Ukrainer und Deutsche genauso verstehen. Wer am Ende nach Toren gewonnen hat, ist nicht sicher, möglicherweise ist es auch ein 7:7. An Freude haben alle gewonnen, erkannt welche Talente sich zeigen und man ist froh um das gemeinsame Spiel in einer leider tragischen Zeit.
Gegen die Hoffnungslosigkeit von Krieg und Flucht helfen aber doch auch Glaube, Traditionen und Zusammenhalt. So wie in unserer Gegend das Osterfeuer die Menschen über den Karsamstag in die Osterfeiertage begleitet. In Günding organisieren das die Deandl, unterstützt von den Honoratioren des Dorfes. Alle Leute sind eingeladen, es gibt eine Bar, die Kisten an Edelstoff sind reichlich vorhanden und die Leberkassemmeln lassen sich die allermeisten gut schmecken. Gerade auch die ukrainischen Frauen erfreuen sich an der alten Tradition, ich habe Mühe all die Hintergründe zu erklären. Die Ursprünge liegen ja auch im Heidnischen und früher hat man Strohpuppen erstellt, die etwa den Winter symbolisieren sollten. Mit noch weniger christlichen Absichten auch Judas Iskariot, und diese im Feuer verbrannt. Ich denke 2022 hätten die Strohpuppen andere Namen.
Aber es wird niemand verbrannt, das Feuer noch zum Tageslicht angezündet, es spendet mehr und mehr eine angenehme Wärme. Man kommt ins reden. Im Laufe des Abends treffe ich u.a. zwei meiner Gemeinderatskollegen, eine gute Bekannte aus dem Asylhelferkreis. Es geht allen gut. Es ist fast erstaunlich sich auch mit den Ukrainerinnen so gut zu unterhalten, noch fehlt es ja an genug gemeinsamen Worten. Die Kinder probieren es am wenigsten befangen. Der kleine Mark sagt, dass er Mark heißt und die ganz kleine Ule muss noch gar nichts sagen. Sie lächelt einfach und versteckt sich dann bei ihrer Oma. Und natürlich klappt es trotzdem viel miteinander zu lachen und tatsächlich zu reden. Etwas Englisch hilft schon. Und wir haben in Bergkirchen eine engagierte und lebenslustige Übersetzerin, sie ist ebenfalls aus der Ukraine, aber eben schon viele Jahre bei uns. So erfahre ich vom Wissensdurst der Osteuropäerinnen. Über die Geschichte Bergkirchens wollen sie etwas wissen und irgendwie kommen wir überein, dass wir einander voneinander erzählen wollen, irgendwann in den nächsten Wochen und Monaten. Bei all den freudigen Plänen fällt mir ein, dass die meisten Ukrainer ja bald zuhause sein wollen, spätestens im Sommer, diesem Sommer. Was bringt uns nur diese Zeit? Wir hoffen auf Frieden, so wie uns das Osterfeuer die Wärme gebracht hat, uns gegen den kalten Wind zu behaupten.
Nun schauen wir einfach nur auf die nächsten Wochen. Neben Fußball gibt es weiter Volleyball in Bergkirchen, traditionell schon von jung bis alt, und mit Menschen aus aller Herren Länder. Die warmen Tage kehren bald zurück und die nächste Tradition steht in zwei Wochen wieder an. Der 1.Mai. Vielleicht bekommen wir wieder einen Einblick, wie das bei uns so abläuft. Muss mich tatsächlich kundig machen worauf das Aufstellen des Maibaums zurückgeht. Dass man den reichlich ausstaffierten Baum auch stehlen kann und darf und es allein deswegen schon allerlei Geschichten um diese Sache gibt, ist klar.
Es sei an dieser Stelle auch schon an das Fußballturnier beim SV Günding am 10.Juli erinnert.
Zusammenhalt der so vielfältigen Menschen steht im Mittelpunkt. Ein bleibendes Motto, nicht nur zu Ostern 2022, aber unbedingt in diesen Zeiten!
Stefan Haas
Gemeinderat Bergkirchen